In guten wie in schlechten Zeiten

Da ich immer wieder gefragt werde wie es meinem Mann in der Zeit meiner Depression ging und vor allem wie er damit umging, denke ich ist es an der Zeit darüber zu schreiben.

 

Die Depression kam schleichend in mein Leben. Es war nicht so

das ich sagen konnte ich bin depressiv, denn ich nahm mich selbst nicht so wahr. Die Depression verzerrte meinen Blick auf das Leben. Meine ganze Wahrnehmung war verschleiert. Ängstlich und voller Sorgen blickte ich in die Zukunft und erwartete immer nur das Schlimmste. So kam es dann auch, was mich in meiner damaligen Wahrnehmung noch mehr bestätigte. Je dunkler und schmutziger es in mir wurde, desto mehr entwickelte sich der Putz- und Waschzwang bei mir. Heute weiß ich dass ich so die Kontrolle über meinem Leben behalten wollte, denn alles andere entglitt mir. Als mir meine Ohnmacht immer mehr bewusst wurde, übernahm die Wut darüber das Kommando über meinem Leben. Dies führte dazu dass ich immer öfter ganz plötzlich los schrie und mich über eine Lappalie stundenlang aufgeregt hatte. Danach sackte ich ausgelaugt und voller Scham in mich zusammen. Wie ein Waschlappen den man gerade ausgedrückt hat. Ich weiß noch das ich immer wieder ausrief: „Ich kann nicht mehr.“ Doch die Stimme die mir Tag wie Nacht keine Ruhe gönnte befahl: „Du musst!“ Der Teufelskreis drehte sich mit mir mitten drinnen. Die Wut wuchs und bäumte sich in mir auf bis mein Mund aufging und sie sich über meine Liebsten ergoss. Mein Mann bekam das meiste davon ab.

 

Für mich ist es schlicht und einfach ein Wunder, das mein Mann in der Zeit nicht das Weite gesucht hat. Zehn Jahre lang unter solchen Umständen mit einem Menschen zusammen zu leben und trotzdem zu ihm zu halten, ja das ist ein Wunder. In der gesamten Zeit meiner Depression wich mein Mann nicht von meiner Seite. Auch er hatte Ängste, doch er wollte mich nicht noch mehr damit belasten und schwieg. Ich deutete es damals als Passivität seiner Seitens, heute weiß ich das es Rücksicht war. Er wollte mich einfach nicht noch mehr belasten oder mir noch mehr aufbürden. So nahm er sich und seine Gefühle zurück und schwieg. Er tat alles in seiner Macht stehende damit es mir und den Kindern gut geht. Ich dankte es ihm mit Beschuldigungen und Wutausbrüchen. Damals wollte ich dass auch er mich anschrie, denn so würde ich mich wenigstens nicht so elend fühlen und so beschämt sein. Doch er blieb ruhig und schwieg. Auch wenn mein Mann schwieg, trafen die giftigen Pfeile doch sein Herz. In einem Zeitraum von einem halben Jahr wurde mein Mann drei Mal mit der Rettung ins Krankenhaus gebracht weil er einfach umkippte. Sein Körper schlug Alarm, doch er stellte das Wohl der Familie vor seine Gesundheit und funktionierte einfach weiter. Die letzten zwei Jahre meiner Depression lag ich pünktlich zu Weihnachten zwei Wochen lang mit kalter Lungenentzündung und Atemnot im Bett. Mein Mann trug mich auf die Toilette, da ich zu schwach war. Er umsorgte die Kinder, Kochte und machte den Haushalt. Als ich die schock Diagnose: „Vorstufe

zu Krebs“ bekam ermutigte er mich. Als wir unser Kind verloren, tröstete er mich. Als unsere  Kinder krank waren, pflegte er sie mit. Nie beklagte er sich. Nie jammerte er. Immer sagte er mit sanfter Stimme: „Wir schaffen das schon!“ Ich schreibe das mit Tränen in den Augen, denn nur Gott allein weis was mein Mann mit mir mit- und durchgemacht hat. Als wir vor ein paar Tagen darüber sprachen sagte er: „Die Liebe gab mir die nötige Kraft dazu und ich danke heute Gott dafür.“

 

Als Jesus mich von der Depression befreite, war es so als ob mein Mann auf der einen und ich auf der anderen Seite des Ufers stand. Ich war nun geheilt, frei und voller Freude während er noch offene Wunden hatte und mit seinen Ängsten kämpfte. Das führte oft zu Spannungen und Streit, denn wir verstanden einander nicht mehr. Ich wollte dass auch er diesen Frieden und

diese Freiheit erlebt und sprach über nichts anderes mehr. Dadurch fühlte sich mein Mann unter Druck gesetzt und machte innerlich zu. Ich war zwar von der Depression befreit, durfte aber noch so viel lernen! Eines Tages entlud sich dieser Druck als mein Mann eine Vase zu Boden schleuderte. So kannte ich meinen Mann nicht. Er war immer so ruhig und sanft und nun lag da ein Scherbenhaufen am Boden. Da sprach Gott zu mir und sagte: „Das ist der Zustand eurer Ehe!“ Zerbrochen!!! 💔

 

Mir wurde auf einen Schlag bewusst wie sehr ich doch Gott im Weg gestanden bin. Also legte ich im Gebet meinen Mann und unsere Ehe in Gottes Hände. Meine Aufgabe war es meinem Mann treu zur Seite zu stehen, wie auch er mir beigestanden ist und das tat ich mit Gottes Hilfe auch. Als Ermutigung gab mir Gott folgende Verheißung aus Apostelgeschichte 16,31:

 

"Glaube an den Herrn Jesus,

dann werden du und alle, die in

deinem Haus leben, gerettet".

 

Daran hielt ich im Glauben fest, vertraute und lies Gott tun was nur er tun konnte. Gott hielt sein Wort. Auch meinem Mann offenbarte Gott zu seiner Zeit seine Vaterliebe.  Heute ist unsere Ehe auf ein festes Fundament gestellt. Auf JESUS, die Liebe Gottes selbst. Wir wissen uns beide von Gott angenommen und geliebt und beschenken einander aus dem Überfluss SEINER Liebe. Wir haben verstanden das wir nur Monde sind und Gott die Sonne ist. Der Mond kann nur das wieder geben was er von der Sonne empfängt. So lernen wir Gott und einander jeden Tag immer besser kennen und sprechen ganz offen und ehrlich über das was uns am Herzen liegt. Ob es bei uns auch mal kracht? Na klar 😉. Das gehört zum Leben und einer Ehe eben auch dazu. Doch solange es nur ab und zu ist und wir daraus immer etwas lernen ist es in Ordnung. Rohdiamanten müssen geschliffen werden 💍 um zu glänzen. Wir haben beschlossen einander immer schnell zu vergeben, denn auch uns wurde großzügig vergeben. Gott sei Dank!

 

P.S.

Meinen Mann lernte ich mit 19 Jahren kennen. Wir kannten uns erst eine Woche und wollten schon zusammen ziehen. Familie, Freunde und Bekannte, alle rieten uns davon ab. Um einen klaren Kopf zu bekommen ging ich alleine Spazieren. Ich dachte über alles gründlich nach und mein Verstand sagte laut „NEIN“, doch mein Herz flüstere „JA“. So war ich hin und hergerissen, als ich plötzlich eine Stimme hörte. Diese Stimme hatte ich noch nie zuvor gehört. Sie war sanft doch sehr bestimmt. Die Stimme wiederholte drei Mal folgenden Satz: „Gehe weiter und dreh dich nicht um! Er ist der Richtige.“ Ich erzählte keinem Menschen davon und behielt es in meinem Herzen. Dieser Satz wurde mir immer in Erinnerung gerufen als die Liebe zu meinem Mann zu erlöschen drohte. Heute weiß ich, es war die Stimme Gottes. Gott wusste dass kein anderer mir, in der dunkelsten Zeit meines Lebens, so gut beistehen konnte wie mein Mann. Ich danke unserem himmlischen Vater für dieses kostbare Geschenk.

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Wolfgang Beuthner (Dienstag, 22 November 2016 22:04)

    Liebe Sonja, danke für dieses ehrliche, eindrucksvolle Zeugnis. Zusammen mit Deinem Zeugnis bei "Mensch, Gott" stellt sich mir jetzt eine Ehe dar, die auf dem Fundament Liebe gegründet ist und die deshalb trotz der Krisen unzerstörbar ist und bleiben wird! Am Beginn einer Partnerschaft steht immer das Verliebtsein und das ist normal und schön, doch über kurz oder lang kommt der Alltag mit seinen guten und schlechten Zeiten oder gar mit vermeintlichen Katastrophen. Wenn dann aus dem Pflänzchen Verliebtsein keine Liebe geworden ist, bedeutet das für viele Ehen das Aus. Ihr lebt aus der Liebe Gottes! Deinem Mann und Dir ist es geschenkt worden, alles zu ertragen, alles zu glauben, alles zu hoffen und alles zu erdulden (aus 1. Kor. 13). Wenn man dann das noch mit der Hoffnung betrachtet, die uns Gottes Wort macht, nämlich das gute Werk, was ER in uns begonnen hat, auch zu vollenden, dann bedeutet das: überhaupt kein Streit mehr - ein Herz und eine Seele! Das erbete und erhoffe ich für Eure und unsere Ehe und für alle anderen Beziehungen, die auf Jesus trauen und bauen! Gottes reichen Segen an Euch von Sabine & Wolfgang