Die Liebe Gottes und ich

Die Beziehung zwischen mir und Gott fing einmal so richtig gut an. Ich war drei Jahre alt, als ich meine Mutter fragte, zu wem wir denn jeden Abend beten würden und sie erklärte in knappen Worten: „Wir beten zu Gott, der alles was da ist erschaffen hat. Er hat die Sonne, den Mond und die Sterne gemacht, die Erde, die Pflanzen und die Tiere und er hat uns Menschen geschaffen. Er liebt uns Menschen ganz doll und gute Menschen liebt er besonders stark. Und er kennt jeden Gedanken jedes Menschen und kann tief in unser aller Herzen blicken. Eines Tages werden gute Menschen in den Himmel kommen und bei ihm sein, so wie die Engel. “Wow! Gott beeindruckte mich und ich beschloss, seine Freundin zu werden. Er mag gute Menschen, sagte meine Mutter, als musste ich ein guter Mensch werden.

 

Aber was genau war ein guter Mensch?

Meine Suche begann.

 

Von diesem Tag an, war Gott ein fester Bestandteil meines Lebens. Ich redete unentwegt zu ihm und das zunächst laut, so dass meine Eltern mich darauf aufmerksam machten, dass ich doch lieber in Gedanken mit Gott sprechen sollte, damit fremde Leute sich nicht über mich wundern mussten. So richtete ich mein Gespräch nach innen – unentwegt.

 

Mit Kindern spielen war einfach nicht mein Ding, ich spielte lieber mit Gott. Er war mein täglicher Begleiter, egal was ich auch tat. So begann mit der Grundschule das erste Problem: sich auf den Lehrer zu konzentrieren und gleichzeitig mit Gott reden, wollte einfach nicht klappen. Ich musste Gott also für die Zeit des Unterrichts allein lassen und das fiel mir sehr schwer. Zum Glück fand ich eine Freundin, die wie ich Gott fest an ihrer Seite wusste und in den Schulpausen spielten wir gemeinsam – mit Gott!

 

Noch immer suchte ich eine Antwort auf die Frage: „Was ist ein guter Mensch?“ Ich erhielt sie durch Filme über Jesus. Alles was er sagte, beeindruckte mich. Es war wahr! Es war wichtig! Es gab mir Trost! Ich konnte eigentlich nicht genug von seinen Worten zu hören bekommen und wartete auf den nächsten Film über ihn. Er zeigte mir, wie ein Mensch sein sollte: voller Liebe und Güte, nicht auf das Äußere schauend, demütig und geduldig, hilfsbereit und vergebend, voller Gnade. In der Grundschule erfuhr ich dann im Religionsunterricht so wunderbare Dinge über Gott und sein Handeln. Wir bauten die Arche nach und den Tempel Israels. Wir hörten Hörspiele über die Geschichte von Mose und vom Volk Israel, dass durch Gottes Hilfe aus Ägypten auszog in die Freiheit. Ich liebte was ich hörte und konnte stundenlang darüber mit meiner Freundin reden.

 

Jesus wurde mir zu einem Vorbild.

Genau wie er wollte ich sein!

Doch alles ging schief!

 

Schon als kleines Kind begann ich zu lügen und zu stehlen. Ich wusste natürlich, dass Gott dies nicht gefiel, aber irgendwie hatte ich für alles eine Erklärung. Meine Eltern zu ehren fiel mir auch sehr schwer, denn ich erlebte schweren Missbrauch und schwere Misshandlung. Dennoch gab ich mir alle Mühe ihnen Liebe entgegen zu bringen, was mir aber nur bedingt gelang. Auf etliche Mitschüler war ich wirklich äußerst neidisch und es fiel mir schwer, daran etwas zu ändern. Im Alter von acht Jahren erlernte ich das Kartenlegen, weil meine Mutter es in dieser Zeit von einer Zigeunerin erlernte und ich es unbedingt auch können wollte.

 

Durch die Hörspielserie „Die Hexe Schrumpeldei“ animiert, begann ich Magie zu betreiben, ohne es letztlich zu wissen. Ich bemerkte überhaupt nicht, wie weit ich mich von Gott entfernte, denn noch immer spielte er täglich in meinem Leben eine Rolle. Was immer mir gutes widerfuhr – ich dankte ihm. Wann immer ich traurig war – ich erzählte es ihm. Also schien mir, dass alles auf einem guten Weg war.

 

Mit dem Beginn der Jugend kamen schwere Fragen auf: „Wenn Gott allmächtig ist, warum lässt er Leid zu? Wenn er uns liebt, kann es dann so etwas wie die Hölle und ewige Verdammnis wirklich geben? Warum müssen schon Kinder sterben?“ Ich suchte weiter.

 

Als ich sechszehn Jahre alt war, startete ich meinen ersten Versuch, die Bibel zu lesen. Ich hatte zuvor eine Bibel geschenkt bekommen und war nun ganz gespannt, ob ich auf meine dringenden Fragen in der Bibel Antworten finden würde. Aber ich quälte mich durch Geschlechtsregister und unverständliche Sprache hindurch, ohne auch nur eine Antwort zu erhalten. Nach den fünf Büchern Mose, las ich noch das Buch Hiob, weil es so schön kurz war. Dort fand ich mich erstmals wider. Ja, wie Hiob schien es mir auch irgendwie zu gehen. Ich hatte in meinen Augen nichts verbrochen und wurde doch von Gott scheinbar auf die Probe gestellt. Dennoch war die Bibel offensichtlich nicht die Hilfe, um meine Fragen beantworten zu können. So suchte ich weiter und fand den Buddhismus. Die Aussage Buddhas, dass Leben Leid sei, konnte ich nur unterstreichen. Sein Weg aus diesem Leid heraus ging ich fleißig nach. Nach einigen Wochen intensiven Meditierens war ich innerlich total leer. Konnte das wirklich Sinn machen? Wenn ich lebe, muss doch das Leben einen Sinn haben! Nein, der Buddhismus lieferte doch nicht die erhoffte Antwort.

 

Wenige Wochen nachdem ich den Buddhismus verworfen hatte, sah ich eine Fernsehsendung und in der erzählte jemand, dass wir Menschen auf einem kleinen Schlauchboot inmitten des Meeres herumschipperten, den Naturgewalten ausgeliefert und ohne Navigationssystem unterwegs. Aber Gott hätte einen Luxusliner und da würde man die Wellen nicht so spüren können und man würde sich von ihm durchs Leben fahren lassen können, denn er hatte sogar ein Navigationssystem. Es wäre unsere Entscheidung, ob wir selber schippern wollen, oder ob wir uns von Gott fahren lassen wollten. Am selben Abend entschied ich mich, Gott fahren zu lassen, denn ich erkannte, dass alles, was ich selbst in meinem Leben versuchte zu erreichen einfach nicht gelingen wollte. Ich betete zu ihm, legte ihm mein Leben in seine Hände und schlief ein. Als ich am nächsten morgen aufwachte, war alles anders. Ich hatte schreckliche Ängste in den letzten Monaten gehabt und konnte die Wohnung nur mit Mühen verlassen. Aber nun waren diese Ängste plötzlich spurlos verschwunden. In mir war tiefe Liebe, für mich und für jeden Menschen um mich herum. Es ist kaum beschreibbar, wie stark diese Liebe war. Gute drei Monate hielt dieses wunderbare Gefühl an.

 

Dann eines Abends, ich sah grad fern, da verschwand alles um mich herum. Ich hatte den Eindruck mitten im Universum zu sein und gleichzeitig hatte ich dass Gefühl das gesamte Universum sei in mir. Ich spürte wie alles was war, was ist und was sein wird, irgendwie in mir war und gleichermaßen war ich in allem was war, was ist und was sein wird – unbeschreiblich! Ich dachte, jetzt könnte ich eine Frage stellen und ich würde ganz gewiss die richtige Antwort bekommen. Also was war wichtig? Welche Frage sollte ich unbedingt stellen? Ich überlegte genau. Mitten in mein Überlegen, hörte ich eine Stimme: „Bist Du bereit jetzt zu gehen?“ Ich verstand nicht so ganz richtig, war ich doch viel zu vertieft in meine Überlegungen. Da ertönte die Stimme erneut, deutlich und mit Nachdruck:

 

„Bist Du bereit jetzt zu gehen?“

 

Ich erschrak. Gehen? Hieß das nicht Tod!? Ich bekam Angst und schrie innerlich:

 

„Nein! Nein! Nein!“

 

Auf einmal war die Vision verschwunden, alles war wie zuvor. Doch am nächsten Tag merkte ich, es hatte sich etwas verändert:

 

Die Ängste waren wieder da!

Gottes Liebe war verschwunden!

 

Einige Monate später lernte ich meinen ersten Mann kennen. Um mit ihm zusammen sein zu können, musste ich aus einem kleinen Dorf in Bayern zurück in meine Geburtsstadt Berlin ziehen. Das war mit vielen Problemen verbunden. Endlich am Ziel merkte ich, dass mein Freund ein Alkoholproblem hatte. Die Wohnungssuche, die Geldnot, die Ausbildungsplatzsuche und der Alkoholismus meines Freundes nahmen mir alle Energie, die ich noch hatte. Obwohl ich Anfangs noch immer Gott in meinem Herzen trug, so stark war die Erinnerung an seine Liebe noch in meinem Herzen, so sehr entfernte ich mich durch den Alltag auch von ihm, ohne es im Grunde zu bemerken. Ich suchte erneut nach Weisheit, Heilung und nach Gott.

 

In der heutigen Zeit, mit all den vorhandenen Medien, gibt es scheinbar viele Wege, die zu Gott führen können. Ich hatte keinen richtigen Blick mehr für die Wahrheit, weil die Möglichkeiten schier unendlich sind. Und gab es überhaupt diese eine Wahrheit? War das nicht ziemlich vermessen? So bediente ich mich auf dem Buffet der Religionen, Weltanschauungen, Esoterik und sonstigen Lehren. Ich las ein wenig den Koran, legte ihn schnell beiseite, weil er mir zu gewalttätig war. Ich las die Bhagavad Gita, eine Hinduistische Schrift. Die fiel auch durch, weil sie zu Märchenhaft war. Dann stieß ich auf den Wicca-Kult. Angeblich sollte dies eine uralte Religion sein, die vor allem von Frauen ausgeübt wurde. Ich fühlte mich sehr angesprochen und auch wenn ich sie mit Bibelinhalten füllte, war diese Form der Religion lange Zeit meine Wahrheit. Ich machte auch jeden esoterischen Kram mit, der irgend angeboten wurde. Ich erlernte die Astrologie, die Numerologie und erhielt eine Reiki-Einweihung. Ich fühlte mich auf der sicheren Seite, auch wenn ich immer wieder starke Depressionen hatte. Wenn man davon absah, dass ich gerne eine glückliche Ehe geführt hätte und einen unerfüllten Kinderwunsch hatte, ging es mir im Grunde irgendwie gut.

 

Nach acht Jahren Beziehung, trennte sich mein Mann dann von mir und ich fiel in ein tiefes Loch. Obwohl ich sofort eine neue Beziehung hatte und innerhalb eines viertel Jahres nach der Trennung von meinem Mann schwanger wurde, traten heftige Depressionen auf. Die Beziehung zum Vater meiner Tochter war sehr schlecht, die Schwangerschaft verlief mit Komplikationen und als meine Tochter endlich auf der Welt war, kam mir meine Kindheit bitter aufgestoßen in Erinnerung und meine Depressionen nahmen weiter zu. Ich fühlte mich als Mutter unzulänglich, spielte mit dem Gedanken mich umzubringen und fragte mich, was dann mit meiner Tochter geschehen würde. Das führte dazu, dass ich auch an einen erweiterten Suizid dachte. Zum Glück verschwanden derlei schlimme Gedanken aber immer wieder. Gott spielte inzwischen kaum noch eine Rolle in meinem Leben. Allenfalls in meinem Tagebuch stand auf jeder Seite ein „Hilf mir Gott“ am Ende jeden Eintrages.

 

Die Beziehung zum Vater meiner Tochter zerbrach, die folgenden Beziehungen waren nicht besser, bis ich endlich meinen jetzigen Mann kennen lernte. Aber auch diese Beziehung verlief kompliziert. Er selber hat zwei Töchter und hatte schwer an der Trennung von seiner Frau zu tragen. So war unsere Beziehung auf große Distanz ausgelegt und wurde von meinem Mann gleich zu Beginn zweimal beendet. Trotz allem fanden wir immer wieder zueinander und mein Leben beruhigte sich etwas. Inzwischen hatten weder Gott noch irgendwelche Religionen einen großen Einfluss in meinem Leben. Dafür fehlte mir im Grunde die Kraft und die Zeit. Meine Suche schien beendet.

 

Vor fünfzehn Jahren dann, rief Gott mich zu sich zurück. Ganz leise, fast zaghaft und doch unüberhörbar! Zuerst sah ich im Fernsehen eine Podiumsdiskussion mit einem muslimischen Imam. Dieser wurde von einer Christin gefragt, wie denn der Islam zu Jesus stünde und die Antwort machte mich neugierig: „Wenn die Christen Jesus richtig verstanden hätten, würden sie ganz anders leben.“ Was wusste der, was ich nicht wusste? Ich holte meine Bibel aus dem Schrank und begann erneut zu lesen.

 

Die Bibel handelt vor allem vom Volk Israel – den Juden. Als mir dies bewusst wurde, kaufte ich mir Bücher über das Judentum. Wollte ich Jesus verstehen, musste ich die Juden verstehen lernen. Wenig später traf ich mich mit meiner besten Freundin. Wir hatten in all den Jahren gemeinsam den Wicca-Kult betrieben und allerlei esoterische Dinge ausprobiert. Ich wagte nicht zu erzählen, dass ich die Bibel las, weil wir die Bibel im Laufe der Jahre immer mehr abgelehnt hatten. Da blickte ich auf einen Kettenanhänger an ihrem Hals: ein Davidstern! War dies einfach nur ein magisches Symbol an ihrem Hals, oder ein Hinweis auf die Bibel? Ich fragte zaghaft nach. Ihre Antwort haute mich um: Sie las seit wenigen Wochen genau wie ich die Bibel. Wir hatten beide das Bedürfnis in eine Synagoge zu gehen, wussten jedoch nicht, wie wir das machen sollten. Ich sprach wenige Tage später den Vater meiner Tochter darauf an, weil er seit vielen Jahren sehr gläubig war und uns vielleicht einen Tipp geben konnte. Er erzählte mir von einer Synagoge in die Juden gingen, die an Jesus als den Messias Gottes glauben würden. Ich war erstaunt, dass es so etwas gab. Gleich zum nächsten Gottesdienst ging ich mit meiner Freundin dort hin. Wir fühlten uns beide gleich sehr wohl dort und kamen deshalb in den kommenden Monaten regelmäßig. Nach einigen Wochen gingen wir auch zum Bibelstudium. Verstanden haben wir beide allerdings absolut nichts von dem, was dort gelehrt wurde. Als meine Freundin ein Jahr später aus privaten Gründen keine Zeit mehr fand, um mit in die Gemeinde zu gehen, ging auch nicht mehr dort hin. Dennoch blieb mein Wunsch, die Bibel endlich richtig zu verstehen und so betete ich darum, dass Gott mir jemanden schicken sollte, der mir helfen konnte, die Schrift zu verstehen.

 

Als nur wenige Tage nach diesem Gebet ein Zeuge Jehovas an meiner Tür klingelte, war dies für mich das nächste deutliche Signal Gottes. Ich nahm die Zeitschriften dankend an, gab aber zu verstehen, dass ich an einem Gespräch kein Interesse hatte. So erhielt ich regelmäßig die Zeitschriften der Zeugen Jehovas. Nach einiger Zeit kamen Fragen auf, weil ich doch vieles so anders aus dem Religionsunterricht in Erinnerung hatte. Konnte ich mich so täuschen? So schrieb ich meine Fragen auf und bat um Erklärungen. Man bot mir ein Bibelstudium an, was ich dann auch begann. Obwohl mich die Zeugen Jehovas wirklich in ihrem Glauben faszinierten und ich das Bibelstudium auch wirklich genoss, waren mir zahlreiche ihrer Lehren suspekt. Trotz allem konnte ich für mich die Gewissheit erlangen, dass Jesus der Messias Gottes war und dass ich der Bibel als Wort Gottes vertrauen konnte. So überlegte ich mir, wo ich die Möglichkeit hätte, eine Erwachsenentaufe machen zu lassen. Ich wurde zwar als Kind getauft, hatte aber das große Bedürfnis nun mit vollem Bewusstsein und Willen mich Gott erneut hinzugeben und öffentlich zu bekennen, dass Jesus Gottes Sohn ist, der für meine Sünden am Kreuz gestorben war und von Gott zum Leben auferweckt wurde. Da ich keine Gemeinde fand, in der ich mich hätte taufen lassen können, nutzte ich die Gelegenheit zum Pessachfest in meine alte jüdisch-messianisch Gemeinde zu gehen. Nach dem Fest traf ich die Entscheidung wieder regelmäßig dort am Gottesdienst teilzunehmen. Nur wenige Wochen nach dieser Entscheidung lud der Rabbi dieser Gemeinde alle Gläubigen, die noch nicht getauft worden waren, zu einer Taufe ein. Ich war begeistert und meldete mich sofort dafür an.

 

So ließ ich mich dann vor 7 Jahren taufen. Es war ein wunderbares Erlebnis für mich. Kaum aus dem Wasser kommend, vernahm ich eine Stimme in mir: „Beende den Kontakt zu den Zeugen Jehovas!“ Das war eine schwere Aufgabe für mich. Ich genoss die Gespräche mit ihnen, auch wenn ich in vielen Dingen anders glaubte als sie. Aber letztlich beendete ich das Bibelstudium, hielt jedoch noch zaghaft weiter Kontakt. Ich las nun regelmäßig die Bibel, ging in den Unterricht der jüdisch-messianischen Gemeinde, den ich nun deutlich besser verstand als vor dem Bibelstudium mit den Zeugen Jehovas, und genoss die Gottesdienste in der Gemeinde.

 

Als auch die jüngste Tochter meines Mannes endgültig bei ihm auszog, zogen mein Mann und ich zusammen. Wir heirateten wenige Tage nach dem Zusammenziehen, weil ich, auch wenn mein Mann nicht an Gott glaubt, die Beziehung vor Gott legitimieren wollte. Von einem Großteil meiner Esoterischen Bücher und sonstigen Utensilien hatte ich mich inzwischen getrennt, ein weiterer Teil wurde im Zuge des Umzugs entsorgt.

 

Etwa zwei Jahre später, ich hatte die Bibel schon sehr intensiv studiert und doch immer noch Fragen offen, bat ich Jesus, mir den Heiligen Geist zu senden, damit ich die Bibel noch viel besser verstehen würde, als bislang. Doch von Tag zu Tag, an dem ich betete, ging es mir schlechter. Ich erkannte nun plötzlich all die Sünden, die ich begangen hatte mit voller Deutlichkeit! Ich war ängstlich, ich war verzweifelt! Wie sollte Gott mich nach all diesen Sünden noch annehmen können? Wenn ich diese Sünden in Unwissenheit getan hätte, dann vielleicht! Aber ich wusste doch genau, dass es Sünden waren und tat es doch trotzdem! Wie also sollte er mir das vergeben können? Ich weinte so bitterlich und schlug in meiner Verzweiflung die Bibel auf und las die dickgedruckten Worte, die mir zuerst auffielen:

 

„Fürchte Dich nicht, ich habe Dich bei Deinem Namen gerufen, Du bist mein!“

 

Da saß ich nun, mit verweinten Augen, diese frohe Botschaft von Gott erhaltend. Ich konnte es kaum glauben. Wenige Tage später schlug ich erneut die Bibel auf und da las ich plötzlich die

Jesaja-Prophezeiung aus Jesaja 53, 4-5:

 

„Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“

 

Jetzt endlich verstand ich wirklich, warum Jesus sterben musste. So oft schon hatte ich diese Stelle gelesen und sie doch nicht wirklich begriffen, nun jedoch war es soweit! Und obwohl doch eigentlich Gott schon soviel getan hatte, war doch immer noch nicht alles wieder in Ordnung!

 

Die Zeit verging. Ich las die Bibel, ich las Bücher über die Bibel und ich schrieb selber Bücher über die Bibel, weil ich so meine Fragen und Antworten besser in Form bringen konnte. Mein Verständnis wuchs und wuchs. Ich hatte Erkenntnis – im Kopf! Mir fehlte Erkenntnis – im Bauch! Mir fehlte Gottes Liebe! Ich erinnerte mich noch an die Liebe, die ich einmal in mir trug und ich wollte sie unbedingt zurück!

 

Als diese Liebe für einen kurzen Moment in mein Leben zurück kam, war ich schon hoch erfreut, doch dann kam Angst. Was, wenn jetzt, mitten in dieser Liebe etwas schlimmes geschehen würde? Würde ich dann nicht wieder ganz tief fallen? Ich hatte diese Gedanken kaum zu Ende gedacht, da verschwand die Liebe wieder!

 

Trotz all meiner Erkenntnis wurde die Leere in mir immer größer. Die Depressionen kehrten zurück. Ich versuchte zum x-ten Male eine Therapie. Doch bevor die erste Stunde begann, hörte ich Gott mich fragen: „Wie soll ich Dir eigentlich helfen Kind, wenn Du mich nicht lässt?“ Trotz der deutlichen Worte Gottes, begann ich die Therapie. Nach knapp einem Jahr auf der Stelle Tretens sah ich es ein: Nur Gott konnte mir wirklich helfen! So beendete ich die Therapie vorzeitig und betete nun wieder jeden Tag um Gottes Hilfe! Ich warf einfach alle Gefühle vor ihn hin und schrie innerlich nach seiner Hilfe. Aber irgendwie tat sich nicht so viel. Dann ergab sich für mich die Möglichkeit, bei einem Pfarrer zu beichten. Nach der Beichte ging es mir zunächst deutlich besser und ich schöpfte wieder Hoffnung. Auf der Suche nach Dokumenten stieß ich wenige Tage nach der Beichte auf meine Taufurkunde aus Kindertagen und stellte zu meinem Erstaunen fest, dass mein Taufspruch genau die Bibelstelle war, die Gott mir zeigte, als ich unter meinen Sünden fast zusammengebrochen war. Ja, Gott zeigte mir sehr deutlich, wie sehr er mich liebte und dass meine Ängste unbegründet waren und doch war ein Gefühl von Gottverlassenheit da, wie nie zuvor.

 

Was konnte ich nur tun, um endlich seine Liebe spüren zu können, um seine Liebe erwidern zu können? Inmitten dieser Dunkelheit ließ Gott mich wissen, dass er diese Dunkelheit nutzen würde, damit ich mich ganz und gar ihm hingeben sollte. Ich erkannte, nur er konnte mir helfen.

 

Geduld war leider nie meine Tugend. Obwohl ich erkannte, dass Gott wollte, dass ich mich ganz auf ihn einließ, suchte ich nach zusätzlichen Wegen, dass ganze zu beschleunigen. So ließ ich im Internet für mich beten, las noch mehr Bücher und kam doch nicht wirklich weiter.

 

Dann sah ich den Bericht von Sonja beim ERF.

 

Ich erkannte einen Teil meiner Probleme in ihrem Leben wieder und beschloss, mich mit ihr in Verbindung zu setzen. Nur wenig nach meiner Mail an sie, kam eine Antwort und ein Angebot von ihr: „Ruf mich doch an, wenn Du magst. Ich würde gerne für Dich beten.“ Ich war überwältigt von diesem Angebot und nahm es auch gleich an.

 

Wir telefonierten eine längere Zeit miteinander und ich wurde von ihrer Begeisterung für Gottes Liebe mitgerissen. Dann betete sie für mich! Ihr Gebet war voller Kraft und Liebe und ich spürte wie mir schwindelig wurde und auch ein wenig schlecht. Zum Glück saß ich und hatte ein Getränk neben mir stehen. Sie sendete mir dann noch einige Links per Mail zu, mit Predigten von Heinz Trompeter.

 

In den kommenden Tagen startete ich damit, mir die Predigten von Heinz Trompeter anzuhören, die sich allesamt um die Liebe Gottes drehten. Im Anschluss hörte ich Lobpreislieder und betete fleißig weiter. In den ersten Tagen geschah zunächst nichts und ich war schon ein wenig entmutig, dass sich nichts tat. Schließlich kannte ich noch das Wunder, welches mir in jungen Jahren über Nacht widerfahren war und auch Sonjas Zeugnis beschrieb ein Wunder über Nacht. Warum also tat sich nichts? Trotz allem taten mir die Predigten einfach gut und ich hörte sie mir weiter an. Knapp eine Woche nach Sonjas Gebet geschah dann endlich das Wunder, welches ich so lange ersehnt hatte. Ich spürte plötzlich eine tiefe Liebe in mir für meine Tochter, dann für meinen Mann, dann für meine Mutter und dann für mich als kleines Kind. Plötzlich strömte ich über vor Liebe!

 

Die Liebe, die ich schon einmal vor so vielen Jahren erleben durfte und doch verloren hatte, sie war zurückgekehrt!

 

Noch war ich vorsichtig. Der erste Tag ging, der zweite kam. Mir ging es gut! In mir war diese unglaubliche Liebe, in mir war Gott! Ich hörte weiter die Predigten und Lobpreismusik und betete weiter! Und immer wenn ich innehielt, konnte ich mein Glück kaum fassen: Gottes Liebe war in meinem Herzen! Am dritten Tag ging ich mit meinem Mann spazieren. Es regnete und der Himmel war recht düster. Aber in mir war diese unbändige Freude! Alles sah so wunderschön aus. Jeder Regentropfen eine Freude, jeder Grashalm ein Wunder! Ich hätte am liebsten geschrien und getanzt vor Freude! Ich spürte, wie ich plötzlich verzeihen konnte, wo ich noch unversöhnlich war, ich spürte, wie Angst von mir abglitt und ich spürte, wie ich aus der Dunkelheit meiner Depressionen wieder ans Licht gelangte. Alles ist so wunderschön, wie neu! In meinem Herzen ist ein Friede, wie nie zuvor in meinem Leben! Ich spüre diese Liebe zu Gott, so wie in jungen Jahren! Der Gemeindeleiter einer meiner derzeitigen Gemeinden meinte, man könne mir mein Glück richtig ansehen!

 

Ich bin so dankbar, dass Gott mir Sonja gesandt hat, um für mich zu beten. Ich bin so dankbar für seine Liebe, die ich endlich wieder erfahren darf! Aber am glücklichsten macht mich die Tatsache, dass ich ihn jetzt endlich wirklich lieben kann! Denn alles Wissen, alle Weisheit, sie ist doch ohne die Liebe nichts nütze! Und ihn lieben können, ihm wirklich dankbar sein können, dass ist so ein unbeschreibliches Glück, so eine große Freude in meinem Herzen, wie ich sie noch nie hatte!

 

Ich kann immer nur „Danke! Danke! Danke!“ und „Halleluja! Halleluja! Halleluja!“ sagen! Danke Jesus dass Du mich liebst, Danke Himmlischer Vater, dass Du mich zu Dir gezogen hast! Danke Heiliger Geist, dass Du mir die Wahrheit gezeigt hast! Danke Gott, dass Du mich befreit hast, dass Du mich errettet hast!

 

Ich kann jeden nur ermutigen, nicht aufzugeben, auch wenn Gott nicht sofort antworten sollte! Wenn man sich ehrlich auf die Suche nach ihm macht, so verheißt er uns, dass wir ihn auch finden werden!

 

Er liebt uns und freut sich über jeden, der umkehrt von seinen schlechten Wegen! Ich bin viele schlechte Wege gegangen, aber er ist treu geblieben! Er hat mich zurückgeholt! Er hat mich trotz allem gerettet! Er gibt mir trotz allem seine Liebe!

 

Unser Gott ist groß!

Unser Gott ist heilig!

Und seine Gnade währet ewiglich!

 

Andrea Hoprich-Rudloff

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Wolfgang Beuthner (Mittwoch, 07 September 2016 22:46)

    Liebe Andrea,
    ich will mal den Satz aus deinem Beitrag von dem muslimischen Imam aufgreifen: „Wenn die Christen Jesus richtig verstanden hätten, würden sie ganz anders leben.“
    Ich weiß nicht, ob er Jesus richtig verstanden hat und wie er das genau gemeint hat. Aber Recht hat er! Das ist das Ur-Problem der Christenheit! Jesus würde heute das Gleiche zu vielen Christen sagen: So lange bin ich bei euch, und du kennst mich nicht, Philippus? (Joh. 14,9)
    Und dabei wird landauf landab in den Kirchen von Jesus geredet, ja, aber hat man ihn auch erkannt, wer er ist und was er wirklich alles für uns am Kreuz getan hat? Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat, das hat er bereitet denen, die ihn lieben. Bei seiner Kreuzigung wurde unsere alte Natur, unser ICH mit gekreuzigt und ist genauso tot, wie Jesus damals war. Das ist schon mal eine richtig frohe Botschaft, dass wir von unserem elenden alten Wesen, unserem Ego befreit wurden! Und jetzt kommt's: Dafür bekamen wir im Austausch sein Leben!!! ER lebt jetzt in uns und durch uns, er handelt, heilt, stellt wieder her in uns und durch uns. Deshalb: Ihr werdet meine Werke tun und größere... Und jetzt stell dir mal zwei Menschen vor, z.B. in einer Ehe oder irgendeiner anderen Gemeinschaft, die wissen und glauben, dass Jesus in ihnen und durch sie lebt! Was käme da raus: KEIN Streit, KEIN Neid, Hass usw. sondern göttliche Liebe, Einheit, Harmonie usw. usw. Und so anders würden Christen dann leben. Wenn der Imam das gemeint hat, muss er nur noch schnell die Religion wechseln.